Zierleiste mit Auszug aus einer Datenschutzerklärung
Der Haken am Häkchen

Der Haken unter einer Datenschutzerklärung ist schnell gesetzt, doch kaum jemand liest sie vorher. Denn Online-Dienste wie Facebook und Snapchat legen den Verbrauchern oft lange komplizierte Texte vor. Zu kompliziert für viele Nutzer, wie eine Analyse des BR zeigt.

– von Elisa Harlan, Maximilian Richt und Oliver Schnuck

Was Unternehmen mit den Daten der Nutzer machen, beschreiben sie in ihren Datenschutzerklärungen. Präzise und verständlich sollen diese Texte sein, so schreibt es die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vor. Doch das folgende Beispiel zeigt exemplarisch, was die Erklärungen schwierig macht:

WhatsApp-Datenschutzrichtlinie

Respekt für deine Privatsphäre ist in unseren Genen verankert. Seit dem Start von WhatsApp sind wir bestrebt, unsere Dienste unter Beachtung einer Reihe von strengen Datenschutzgrundsätzen aufzubauen.

Wenn du in einem Land im Europäischen Wirtschaftsraum (dazu gehört auch die Europäische Union) und jedem anderen umfassten Land oder Hoheitsgebiet (zusammen als die Europäische Region bezeichnet) lebst, werden deine Dienste von WhatsApp Ireland Limited („WhatsApp Ireland“) bereitgestellt. Dieses Unternehmen ist auch der Verantwortliche bezüglich deiner Informationen, wenn du unsere Dienste nutzt.

Wenn du in irgendeinem Land lebst, das nicht in der Europäischen Region liegt, werden deine Dienste von WhatsApp Incorporated bereitgestellt, das zugleich auch der Verantwortliche bezüglich deiner Informationen ist, wenn du unsere Dienste nutzt.

Wir gehören zu den Facebook-Unternehmen. Mithilfe unserer Datenschutzrichtlinie („Datenschutzrichtlinie“) erläutern wir unsere Praktiken in Bezug auf Informationen (einschließlich Nachrichten), einschließlich der Informationen, die wir zur Unterstützung unserer Dienste verarbeiten. So erklären wir beispielsweise, welche Informationen wir sammeln und welche Auswirkungen dies auf dich hat. Wir erläutern auch die Maßnahmen, die wir zum Schutz deiner Privatsphäre ergreifen, wie zum Beispiel, dass wir über WhatsApp zugestellte Nachrichten nicht speichern sowie dass wir dir die Kontrolle darüber geben, mit wem du auf unseren Diensten kommunizierst.

Diese Datenschutzrichtlinie gilt für alle unsere Dienste, sofern nichts anderes angegeben wird.

Bitte lies dir auch die WhatsApp Nutzungsbedingungen („Bedingungen“) durch, in denen die Bedingungen erläutert werden, gemäß denen du unsere Dienste nutzt.

Informationen, die wir sammeln

WhatsApp muss einige Informationen erhalten oder erfassen, um unsere Dienste zu betreiben, anzubieten, zu verbessern, zu verstehen, zu individualisieren, zu unterstützen, und zu vermarkten. Dies geschieht unter anderem wenn du unsere Dienste installierst, nutzt oder auf sie zugreifst. Die Arten von Informationen, die wir erhalten und erfassen, hängen davon ab, wie du unsere Dienste nutzt.

Informationen, die du zur Verfügung stellst

Deine Account-Informationen: Um einen WhatsApp Account zu erstellen gibst du deine Mobiltelefonnummer und grundlegende Informationen (einschließlich eines Profilnamens) an. Im Einklang mit geltenden Gesetzen stellst du uns regelmäßig die Telefonnummern in deinem Mobiltelefon-Adressbuch zur Verfügung, darunter sowohl die Nummern von Nutzern unserer Dienste als auch die von deinen sonstigen Kontakten. Möglicherweise stellst du uns auch eine E-Mail-Adresse zur Verfügung. Du kannst auch andere Informationen zu deinem Account hinzufügen, wie beispielsweise ein Profilbild und eine Info.

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Ziemlich viel Text

Zu sehen ist beispielhaft ein Auszug der Datenschutzerklärung des Messenger-Dienstes Whatsapp. Gar nicht so einfach zu verstehen. Was macht den Text eigentlich so kompliziert?

Drei oder mehr Silben = schwieriges Wort

Wie schwierig ein Text ist, hängt in erster Linie davon ab, wie kompliziert die verwendeten Wörter sind. Wörter mit drei oder mehr Silben werden von Wissenschaftlern als schwer zu verstehen eingestuft.

Sätze: Je länger, desto schwieriger

Und auch die Länge der Sätze spielt eine Rolle: Je länger ein Satz ist, desto schwerer verständlich ist er in der Regel. Entscheidend ist dabei, wieviele komplizierte Wörter in einem Satz vorkommen.

Kaum zu verstehen

Der hervorgehobene Satz ist nicht nur lang, sondern hat besonders viele komplizierte Wörter: nämlich 15.

Formatierung angepasst

An dieser Stelle ist nicht mal ein Zehntel dieser Datenschutzerklärung geschafft. Es sind vor allem Sätze mit vielen mehrsilbigen Wörtern, die Texte anspruchsvoll machen. BR Data hat die Datenschutzerklärung mit einem Klassiker der deutschen Literatur verglichen: „Der Tod in Venedig“ von Thomas Mann. Ein Werk, das bekannt ist für seine gehobene, anspruchsvolle Sprache. Die folgende Satzpyramide zeigt das Ergebnis:

Datenschutzerklärung und Der Tod in Venedig im Vergleich

In der Novelle „Der Tod in Venedig“ ist in vielen Sätzen kein oder nur ein Wort mehrsilbig, im Schnitt sind 5 Wörter pro Satz kompliziert. In der Datenschutzerklärung liegt der Schnitt bei 8,4 komplizierten Wörtern pro Satz. Sogar Sätze mit mehr als 15 komplizierten Wörtern sind keine Ausnahme.

13 Datenschutzerklärungen in der Analyse

Wissenschaftler an der Universität Regensburg haben ein Textanalyse-Programm entwickelt, um die Schwierigkeit von Schullektüre zu untersuchen. Es zählt die mehrsilbigen Wörter pro Satz und errechnet daraus die Textschwierigkeit. BR Data hat die Datenschutzerklärungen häufig genutzter Online-Dienste mit diesem Programm auf Verständlichkeit und Lesedauer untersucht und verglichen.

Das Ergebnis: Obwohl laut gesetzlichen Bestimmungen schon Kinder und Jugendliche einige Dienste nutzen dürfen (teils mit Einwilligung der Eltern), ist kaum eine der untersuchten Datenschutzerklärungen für diese Altersgruppe verständlich.

Besonders gravierend ist die Diskrepanz bei den Datenschutzerklärungen von Twitter, Instagram und Facebook: Kinder ab 13 Jahren dürfen diese Dienste bereits nutzen, die Datenschutztexte sind laut der Analyse nicht einmal für 18-Jährige verständlich. Und: Alle untersuchten Datenschutzerklärungen sind schwieriger als Thomas Manns „Der Tod in Venedig“.

Ausdauer ist gefragt

Die Analyse zeigt noch ein zweites Problem auf: Nicht nur die Komplexität, sondern auch die Länge der Erklärungen stellt eine Hürde dar. Für die Mehrzahl der untersuchten Datenschutzerklärungen würde der Nutzer mehr als eine halbe Stunde benötigen, um sie komplett durchzulesen.

Am längsten ist die Datenschutzerklärung von Zalando, sie zu lesen dauert in etwa so lange wie ein Fußballspiel: Ungefähr 92 Minuten braucht man laut dem verwendeten Analyseprogramm, um sie von Anfang bis Ende zu lesen. Aber auch die Erklärung des Onlinehändlers Otto ist mit 53 Minuten Lesedauer nicht bis zur Halbzeitpause zu lesen.

Was die Unternehmen dazu sagen

BR Data hat alle aufgelisteten Unternehmen gefragt, wie sie die Verständlichkeit ihrer Datenschutzerklärungen gewährleisten. Bis auf drei haben alle geantwortet. Spotify beispielsweise schreibt: „Ein Team aus Anwälten, Datenschutzexperten, Technikern und Kommunikationsprofis führt vor jedem Update eine sorgfältige Überprüfung der Datenschutzrichtlinie durch.“

Facebook holte sich laut eigener Aussage vor der Aktualisierung ihrer Datenrichtlinie ein Feedback von Nutzern, um diese besser zu machen. Zalando teilt mit, man versuche, so wenig Fachbegriffe und Querverweise wie möglich zu verwenden. Der Versandhändler Otto erklärt, dass das Unternehmen vor Einführung der DSGVO eine einseitige Datenschutzerklärung angeboten hatte. Die neue Rechtslage aber habe eine umfangreichere Informationspflicht geschaffen.

Kurze Erläuterungen als mögliche Lösung

Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern schlägt vor: Unternehmen könnten zusätzlich zu den rechtlich verbindlichen Datenschutzerklärungen kurze Erläuterungen mitliefern. Einige Unternehmen tun dies bereits, so auch der Messenger-Dienst Snapchat. Solche vereinfachten Datenschutzerklärungen wären laut Halm schneller lesbar und auch für Kinder und Jugendliche besser verständlich.