Häufig gestellte Fragen
zum Steuerparadies Madeira
Seit 30 Jahren genehmigt die EU-Kommission extrem niedrige Steuersätze auf der portugiesischen Insel Madeira. Davon profitieren vor allem internationale Großkonzerne und Superreiche. Arbeitsplätze entstehen kaum. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum System Madeira und unseren Recherchen.
Sind die Madeira-Recherchen ein Leak?
Nein - der größte Teil der Recherchen stützt sich auf öffentlich einsehbare Dokumente, die BR Data und BR Recherche gemeinsam systematisch ausgewertet haben.
Auf welche Dokumente stützen sich die Recherchen?
Die Regionalregierung Madeiras veröffentlicht nahezu täglich das Amtsblatt Jornal Oficial da Região Autónoma da Madeira, kurz JORAM. Dort werden alle Firmeneintragungen, Änderungen der Geschäftsführung oder Umbenennungen öffentlich gemacht. Viele Ausgaben des JORAM liegen nur als eingescannte Papierseiten vor - für Suchmaschinen nicht lesbar. Daher sind die meisten Fälle der Öffentlichkeit bisher verborgen geblieben. BR Data hat rund 20 000 Seiten heruntergeladen und durchsuchbar gemacht.
Sind alle Personen und Firmen, die in den Dokumenten auftauchen, Steuersünder?
Nein. Es gibt durchaus legitime Gründe für die Gründung von Firmen auf Madeira. Unterschiedliche Steuersätze zur Steueroptimierung zu nutzen, ist nicht illegal. Allerdings deutet vieles darauf hin, dass zahlreiche Firmen auf Madeira reine "Briefkastenfirmen" sind, die nur auf dem Papier existieren und vor Ort keine Geschäfte machen. Steuerexperten wie Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuergewerkschaft meinen: Es gibt für die Unternehmen eigentlich keine wirtschaftlichen Gründe, auf Madeira zu sein, nur steuerliche.
Ist die Freihandelszone Madeira ein „Offshore“ oder „Steuerparadies“?
Das Wort "Offshore" ist nirgendwo offiziell definiert. Man könnte sagen: Ein Finanzplatz mit Niedrigsteuern und wenig Kontrolle. Die Behörden von Madeira lehnen den Begriff „Offshore“ ab, während Kritiker in Portugal durchaus davon sprechen. Experten, mit denen der BR im Laufe der Recherchen gesprochen hat, sehen auf Madeira einige Hinweise auf Offshore-Strukturen: zum Beispiel Unternehmen mit Fantasienamen, Geschäftsführer, die dutzende Firmen gleichzeitig verantworten oder Unternehmen, die Verbindungen zu Firmen in anderen Steuerparadiesen wie Panama oder den Britischen Jungferninseln haben.
Warum muss die EU-Kommission Madeira genehmigen, aber Zypern, Malta usw. gibt es auch?
Steuervorteile für einzelne Regionen gelten als Beihilfe. Beihilfen müssen vom EU-Wettbewerbskommissar abgesegnet werden. Über die Steuerpraktiken ganzer
Staaten, wie zum Beispiel Luxemburg, Zypern oder Malta, kann die EU-Kommission nicht entscheiden.
Mit welcher Argumentation hat die EU-Kommission das Madeira-System genehmigt?
Weil die Atlantikinsel Madeira weit vom portugiesischen entfernt liegt, gilt sie als abgelegene Region. Hilfen für abgelegene Regionen sind in den EU-Verträgen vorgesehen.
Warum schon wieder eine Steuerparadies-Recherche?
Bei dieser Recherche geht es um ein besonderes Steuerparadies: eins mit ausdrücklicher Genehmigung der EU-Kommission. EU-Parlamentarier, die in Brüssel im Panama-Untersuchungsausschuss sitzen, sehen die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union in Gefahr: man könne nicht mit dem Finger auf andere zeigen, wenn man den eigenen Stall nicht sauber habe.